Fußball, Fernglas, Fairer Handel: Eine Reise nach Tansania

von Marcus Wack (August 2013)

Das hat es noch nicht gegeben: Eine komplette Fußball Frauen-Mannschaft reiste nach und durch Tansania, spielte gegen dortige Damen-Teams und engagiert sich auf diesem Wege für eine Stärkung der Frauen in der tansanischen Gesellschaft. Die Route durch das ostafrikanische Land führte die Fußballerinnen des VfL Kellinghusen in die Metropole Daressalam, auf die Gewürzinsel Sansibar, nach Arusha, in verschiedenen Nationalparks wie den Ngorongoro-Krater und an den Kilimanjaro. Dort galt das besondere Augenmerk dem Bau einer Sekundarschule, die der Verein RAFIKI e.V. mit tansanischen Partnern baut und die umfangreich auch von den Kellinghusenerinnen unterstützt wird. Empfangen wurden die Fußballerinnen auch von der Deutschen Botschaft sowie in der ersten Women´s Bank des Kontinents.

Finanziert wurde das Vorhaben u.a. von Bingo-Lotto, dem Kirchlichen Entwicklungsdienst, dem Land Schleswig-Holstein. Unterstützung gab es auch von den Firmen Autohaus Hellwig+Fölster GmbH, der BiBeKu GmbH sowie Hummel Sport & Leisure GmbH. Außerdem hat das Team durch zahlreiche Veranstaltungen im vergangenen Jahr einen erheblichen Anteil der Reisekosten zusammen getragen. Die Reiseleitung hatten Oliver Zantow und Marcus Wack vom Verein Rafiki e.V., die bereits zahlreiche Gruppen von u.a. Schulen oder Universitäten durch das Land geführt haben. Von tansanischer Seite hatte der studierte Touristenführer und langjährige Partner der Kellinghusener Aktivitäten am Kilimanjaro Gilbert Towo die Organisation übernommen.

 

Anreise: Wrist - Daressalam

Der Wrister Bahnhof war der Ausgangspunkt für eine zwanzigstündige Anreise über Hamburg, Frankfurt, Addis Abeba nach Daressalam. Zahlreiche Eltern und Freunde aber auch die Norddeutsche Rundschau hatten sich am Bahnhof eingefunden, um die 23köpfige Reisegruppe des VfL Kellinghusen nach Ostafrika zu verabschieden. Außerdem hatten am Morgen noch der NDR und RSH über unseren Trip berichtet.  Jede Spielerin hatte neben dem eigenen Koffer einen zweiten dabei. In diesen zusätzlichen jeweils 25 Kg schweren Gepäckstücken waren zahlreiche Hilfsgüter für Schulen, Kindergärten, Ausbildungswerkstätten, soziale Einrichtungen und Sportvereine verpackt.

Teil 1: Daressalam

Erste Station unserer Reise war mit Daressalam die ehemaligen Hauptstadt und noch immer größten Stadt Tansanias.

Untergebracht waren wir in einem traumhaft gelegenen Hotel im Stadtteil Kiganboni direkt am Strand. Wir konnten von dort aus recht gut unsere unterschiedlichen sportlichen Termine und Begegnungsbesuche wahrnehmen.

Sportlich stand eine hochinteressante Partie gegen das Team Sayari Queens F.C. aus Daressalam an. Dieses stärkste und erfogreichste Frauenteam des Landes präsentierte sich gespickt mit zahlreichen aktuellen Nationalspielerinnen, die z.T. bereits in Europa etwa in der ersten türkischen oder schwedischen Liga aktiv waren. Bei ungewohnten klimatischen Bedingungen und nach strapaziöser Anreise hatten die VfL-Mädels den spielstarken Afrikanerinnen allerdings wenig entgegen zu setzen. Jule Mohr konnte in der 56. Spielminute auf 1:3 aus Sicht des VfL verkürzen, ehe die Gastgeberinnen auf 9:1 (3:0) davonzogen. Beeindruckend waren zudem Rahmen und Organisiation des Spiels. Ausgetragen wurde das Match auf einem Kunstrasen auf dem Gelände des Tansanischen Fußballverbandes (TFF). Vier Referees waren zur Spielleitung angesetzt und zahlreiche Zeitungen sowie das East-African-TV zur Berichterstattung erschienen. Das Aufeinandertreffen war dem TV ein zehnminütiger Bericht in den 19 Uhr Nachrichten wert. Überragende Spielerin an diesem Nachmittag war ohne Zweifel Sophia Mwasikili, die Spielführerin des Tansanische Nationalteams, den so genannten "Twiga Stars".

Über den Fußball hinaus standen hoch interessante Besuche und Gesprächsrunden in der Deutschen Botschaft, der Tanzanian Women Bank (TWB), dem Fischmarkt der Metropole, dem Botanischen Garten und einem Fastenbrechen an. Dabei haben uns Fischer und Fischhändler über den für Dar so lebenswichtigen Fischmarkt geführt und ihre verschiedenen Tätigkeiten erklärt. Hoch spannend und ein Fest für alle Sinne! Die Direktorin der TWB hat gemeinsam mit ihren Assistenten die Idee und das Wirken ihres weltweit beinahe einmaligen Projektes präsentiert. Außerdem wurden wir in der Deutschen Botschaft empfangen und von den Mitarbeitern sehr anschaulich und ausführlich über die Aufgaben aufgeklärt. Da wir zu Fuß unterwegs waren, konnten wir das Leben in der quirligen Metropole hautnah miterleben. Weil wir uns mitten im Ramadan befanden, war es sogar hier in Dar schwierig um die Mittagszeit etwas zu Essen für unser ganzes Team zu besorgen.

Teil 2: Sansibar

Die Gewürzinsel Sansibar sollte unser zweites Reiseziel sein. Auch auf dieser sehr muslimisch geprägten Insel stand das zweite Fußballspiel der Reise an. Beinahe sensationell, dass eines der fünf Teams der Insel mitten im Fastenmonat Ramadan gegen uns antreten mochte und durfte. Unser Besuch hatte aber so einen hohen Stellenwert für die kleine, teilautonome Insel, dass sogar der Sportminister vor dem Anpfiff auflief und die deutschen und sansibarischen Fußballerinnen einzeln per Handschlag begrüßte.

Im Team des New Generation Sansibar Queens standen acht sansibarische und zwei tansanische Nationalspielerinnen. Auf schwierigem Geläuf entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, die leistungsgerecht 1:1 (1:1) endete. Das Tor für den VfL erzielte Tine Peters. Nach dem Spiel überreichten wir wieder Koffer mit Trainingsmaterial wie Trikots, Schuhen, Bällen usw. Die Freude der sansibarischen Gastgeberinnen war riesengroß. Uns wurde gerade hier sehr bewusst, dass wir uns in einer der ärmsten Regionen der Erde befanden.

Der Besuch einer Spicy Farm, Gespräche mit den Farmern, ein Ausflug nach Prison Island, die Besichtigung eines alten Sultanpalastes und das Kennenlernen der alten arabischen Stone Town mit Kathedrale, Sklavenmarkt und Museum waren nicht minder beeindruckend und gaben einen super Einblick in die wechselvolle Geschichte der Insel.

 
 
 
 

Teil 3: Arusha

Von Sansibar ging es per Flugzeug vorbei am Kilimanjaro zurück aufs Festland nach Arusha. Hier stand lediglich ein kurzer Aufenthalt zur Vobereitung der großen Safari in die Nationalparks an. 

Das obligatorische Fußballspiel fand in dieser Region knapp 48 Stunden nach dem Match auf Sansibar etwas außerhalb der Großstadt Arusha gegen die Testemony Sports Academy statt. Auf sehr afrikanisch anmutendem sandig, staubigem Geläuf gewannen die Gastgeberinnen mit 2:0 (1:0). Das öffentliche Interesse inklusive der regionalen Presse war erneut groß und nach dem Spiel trafen sich beide Teams zu einem gemeinsamen Essen und einer stimmungsvollen Party mit vielen tollen persönlichen Kontakten.

Zur Vorbereitung auf die Tour durch die großen Nationalparks unternahm der VfL-Troß dann noch eine Walking-Tour sowie eine kleine Safari im Arusha-Nationalpark und machte erste Bekanntschaft mit dem deutlich kälteren Klima im Hochland und ersten wilden Tieren wie Büffeln, Giraffen oder Zebras.

 

 

 
 

Teil 4: Mto wa Mbu und Ngorongoro

Die Reise wurde per Geländewagen nach Mto wa Mbu in den Lake Manyara Nationalpark fortgesetzt. Elefanten, Wasserbüffel, Nilpferde, Zebras aber auch Leoparden bekamen die VfL-Mädels in den kommenden Tagen auf unterschiedlichen Touren per Geländewagen oder Fahrrad manchmal aus aller nächster Nähe zu sehen. 

Fußballspiele waren in dieser Rregion zunächst nicht eingeplant. Trotzdem fand überraschend mitten in der Kleinstadt Mto wa Mbu auf einer brachliegenden Fläche ein Spiel statt. Beim abendlichen Spaziergang durch den Ort stießen wir auf einen Gruppe bolzender Jugendlicher und ließen es uns nicht nehmen mitzumachen. Daraus entwickelte sich zur Freude zahlreicher Dorfbewohner ein munterer, sehr afrikanischer Kick. Für alle Seiten war diese Partie ein äußerst eindrucksvolles Erlebnis.

Besuche bei den schnitzenden Männern des Volkes der Makonde, den sehr ursprünglich lebenden Massai und ein Abendessen bei einer tansanischen Großfamilie lieferten Einblicke in das Leben der Menschen in diesem Teil Tansanias.

Eines der absoluten Highlights dieser Reise war für uns alle dann aber die Safari in den Ngorongoro-Krater. Aus unserem Bushcamp in der Nähe von Mto wa Mbu verabschiedeten wir uns für zwei Tage in den Ngorongoro-Nationalpark, um zunächst eine Nacht in 2300 Metern Höhe am Rande des Kraters in einem Zeltlager zu verbringen. Abendliche Besuche von Elefanten und Büffeln zwischen den Zelten, ständiger Schutz durch bewaffnete Massai, tolles regionales Essen, nächtliche Temperaturen um den Gefrierpunkt und eine sehr kurze Nacht waren ungewohnt, verlangten uns einiges ab und sorgten durchaus für Grenzerfahrungen. Belohnt wurden wir jedoch durch eine sehr eindrucksvollen Safari durch den Krater mit seinen zigtausend wilden Tieren. Viele von uns bekamen zum ersten Mal Nashörner oder Löwen in freier Wildbahn zu sehen.

 
 
 
 

Teil 5: Kilimanjaro

Im letzten Abschnitt der Reise hieß es für einige Teilnehmer der Reise: "Es geht nach Hause!" Ein Tagestrip mit dem Auto sollte uns nach Mrimbo unterhalb des Kilimanjaro bringen. In diesem Ort unterstützen Oliver und Marcus gemeinsam mit unserem tansanischen Reiseführer Gilbert Towo seit vielen Jahren über den Verein Rafiki e.V. den Bau der KIUMAKO Secondary School und die Arbeit in unterschiedlichen sozialen Projekten der Region. Gilbert ist hier geboren, aufgewachsen und mittlerweile neben seiner Tätigkeit als Reiseführer in vielen sozialen Projekten aktiv. Und nach zahlreichen Aufenthalten und dem Bau einer Schule fühlen sich auch Oliver und Marcus hier in der Region Mrimbo beinahe zu Hause.

Touren durch die umliegenden Dörfer, Besichtigungen von Farmen, Besuche in verschiedenen Primary sowie Secondary Schools und Kindergärten sowie eine gemeinsames Bäumepflanzen mit SchülerInnen verschafften einen weiteren schönen Einblick in den tansanischen Alltag. 

Fußball wurde zweimal gespielt. In Moshi wurde gegen ein Auswahlteam Moshi mit 5:0 gewonnen und gegen die Schülerinnen der Kiumako Secondary School wurde in Mwika unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ohne Wertung gespielt. Vor der Partie in Moshi besuchten wir gemeinsam mit den Kontrahentinnen eine große Zuckerfabrik.

Für das Verteilen von Hilfsgütern in Schulen, Krankenstationen, Kindergärten usw. nahmen wir uns hier einen ganzen Tag Zeit. In kleinen Gruppen zu maximal drei Spielerinnen ging es in Begleitung von tansanischen Partnern durch die unterschiedlichen Einrichtungen und Projekte.

Am Ende dieses einmaligen Abenteuers wurde von den tansanischen Gastgebern in Mrimbo ein riesen Fest für uns ausgerichtet. Viele unserer tansanischen Freunde und Partner waren da und traditionelle Rituale wie das Grillen einer Ziege zählten ebenso dazu wie tolle DJs mit tansanischer Popmusik. Es wurde bis in den frühen Morgen gefeiert und vor allem getanzt.

 

 

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